
Arzthaftungsrecht
20.12.19 - Rechtsanwältin Petra RostKeine Arzthaftung nach Zurücklassung eines Vaginaltupfers Nach einer Entscheidung des OLG Dresden hatte die Haftungsklage einer Patientin, in deren Körper nach medizinischer Versorgung ein Tupfer zurückgelassen worden war, gegen den behandelnden Arzt deshalb keinen Erfolg, weil ein nachweisbarer kausaler Schaden nicht festgestellt wurde. Abgesehen davon befand das Gericht aber, dass das Zurücklassen eines Vaginaltupfers nach Versorgung eines Dammrisses einen Behandlungsfehler darstellt, wenn vor dem Eingriff nicht alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen ein solches Versäumnis getroffen wurden. Ob es zugleich in den vollbeherrschbaren Risikobereich der Arztseite fällt, kann dann offen bleiben. Die Aufklärung bei der Versorgung eines Dammrisses braucht nicht darauf erstreckt zu werden, dass der Eingriff alternativ im Kreißsaal oder im Operationssaal erfolgen kann. Auch eine Aufklärung darüber, dass es bei einem solchen Eingriff zum Zurücklassen von Tupfern in der Wunde kommen kann, ist nicht geboten. Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 24.04.2019 – 4 U 1616/18 – veröffentlicht unter juris.de –
Schmerzensgeld für nicht erkannten Darmkrebs
30.04.19 - Rechtsanwältin Petra RostArzthaftung für nicht erkannten Darmkrebs wegen unterlassener Darmspiegelung Das OLG Braunschweig hat einer Patientin ein Schmerzensgeld von 70.000 Euro sowie Schadensersatz zugesprochen, weil ein Arzt trotz zum Teil heftiger Blutungen aus dem Anus lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur diagnostiziert hatte, ohne eine Darmspiegelung zu machen. Die Kläger waren die Erben der verstorbenen Patientin, die noch zu Lebzeiten gegen ihren behandelnden Internisten Klage erhoben hatte, weil dieser ihre Darmkrebserkrankung nicht erkannt hatte. Der Arzt hatte bei der Patientin trotz ihrer zum Teil heftigen Blutungen aus dem Anus lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur diagnostiziert, ohne eine Darmspiegelung gemacht zu haben. Erst als sich die Patientin neun Monate später wegen eines anderen Leidens im Krankenhaus befand, wurde der Darmkrebs entdeckt. Er hatte jetzt bereits Metastasen in der Leber entwickelt. Das LG Braunschweig ist von der Haftung des behandelnden Arztes ausgegangen. Das OLG Braunschweig hat den Klägern Recht gegeben und das Urteil des LG Braunschweig bestätigt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist dem Arzt ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen, weil er die erforderliche Darmspiegelung nicht durchgeführt hat. Weil dieser Fehler in gravierender Weise gegen die Regeln...
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Neu Gürtelroseimpfung wird Kassenleistung
29.03.19 - Rechtsanwältin Petra RostImpfung gegen Gürtelrose wird Kassenleistung Die Impfung gegen Herpes zoster (Gürtelrose) wird künftig für alle Personen ab einem Alter von 60 Jahren sowie für Personen mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung ab einem Alter von 50 Jahren Pflichtleistung aller gesetzlichen Krankenkassen. Der G-BA hat am 07.03.2019 beschlossen, die Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) an die entsprechende Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) anzupassen.
Schmerzensgeld wegen im Knie vergessener Metallspitze
30.01.19 - Rechtsanwältin Petra RostArzt muss Patienten wegen im Knie vergessener Metallspitze 20.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Verbleibt bei einer Knieoperation versehentlich die Metallspitze eines Operationsinstruments im Knie des Patienten, sodass ein dauerhafter Knorpelschaden entsteht, kann ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro angemessen sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arzt die Metallspitze kurz nach dem Eingriff vermisst hat und dennoch grob fahrlässig untätig geblieben ist. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden (Urteil vom 24.10.2018, Az.: 5 U 102/18).
Schmerzensgeld für Mutter von Halbgeschwistern, wenn das Sperma vertragswidrig von unterschiedlichen Spendern ist.
19.04.18 - Rechtsanwältin Petra RostDas OLG Hamm hat mit Urteil vom 19.03.2018 (Az: 3 U 66/16) entschieden, dass eine Frau, die bei einer zweiten künstlichen Befruchtung denselben Vater wie bei der ersten Befruchtung wünscht, damit ihre Kinder Vollgeschwister sind, einen Anspruch auf Schmerzensgeld haben kann, wenn sie pflichtwidrig mit einem anderen Sperma als vereinbart befruchtet wird. Die in gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft lebende Klägerin schloss mit den beklagten Ärzten einen Behandlungsvertrag, der eine heterologische Insemination vorsah. Nach der künstlichen Befruchtung mit Samen eines der Klägerin unbekannten Spenders gebar sie im Januar 2007 ein Mädchen, das ihre Lebenspartnerin im Jahre 2008 als gemeinschaftliches Kind annahm. Ende des Jahres 2007 wünschte die Klägerin eine erneute heterologe Insemination zur Zeugung eines zweiten Kindes, das von demselben Vater abstammen sollte wie die Tochter, da sie sich Vollgeschwister wünschte. Nach der weiteren heterologischen Insemination, durchgeführt von den Beklagten, wiederum mit Samen eines der Klägerin unbekannten Spenders, gebar sie einen Jungen. Da ihre beiden Kinder unterschiedliche Blutgruppen hatten, erkundigte sich die Klägerin bei den Beklagten nach dem Vater und erfuhr, dass sie nicht von demselben Spender gezeugt worden waren. Aufgrund dieses Umstandes...
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Ärztliche Dokumentation muss lesbar sein!
25.08.17 - Rechtsanwältin Petra RostDas Sozialgericht Stuttgart hat am 14.09.2016 (Aktenzeichen: S 24 KA 235/14 Quelle: juris Logo) entschieden: “Die handschriftliche Dokumentation eines Arztes muss entzifferbar sein.” Die vom Vertragsarzt nach § 57 Bundesmantelvertrag-Ärzte vorzunehmende Dokumentation seiner ärztlichen Leistungen muss vollständig, in sich widerspruchsfrei und lesbar sein. Eine völlig unleserliche Handschrift – nach Angabe des Klägers eine geradezu typische “Doktorschrift” – genüge diesen hohen Anforderungen nicht, so das Sozialgericht. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung kürzte die vom Kläger, einem HNO-Arzt, gestellten Honorarabrechnungen für mehrere Quartale im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nach § 106a SGB V a.F., da sie seine handschriftliche Dokumentation nicht lesen und so nicht überprüfen konnte, ob der Inhalt der vom Kläger abgerechneten Gebührenziffern vollständig erbracht worden war. Das SG Stuttgart hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Sozialgerichts ist auch dem Gericht nicht einmal unter Zuhilfenahme einer vom Kläger später erstellten maschinenschriftlichen Abschrift eine ansatzweise Entzifferung der Handschrift möglich. Da im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit die Dokumentation Voraussetzung für die Nachprüfung korrekter Diagnostik, Therapie und Abrechnung sei, berechtige eine fehlende oder unvollständige Dokumentation zur sachlich-rechnerischen Berichtigung durch die Beklagte. Quelle:...
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250.000 EUR Schmerzensgeld für Geburtsschaden
21.06.17 - Rechtsanwältin Petra RostDas Oberlandesgericht Hamm hat einem Kind ein Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 Euro zugesprochen, das 2007 nach einer aufgrund grober ärztlicher Behandlungsfehler verspätet durchgeführten Sectio (Kaiserschnitt) mit schweren hypoxischen Hirnschäden geboren wurde und deswegen dauerhaft unter schweren Entwicklungsstörungen zu leiden hat (Urteil vom 04.04.2017, Az.: 26 U 88/16). Der heute neun Jahre alte Kläger wurde im Oktober 2007 im beklagten Krankenhaus unter geburtshilflicher Betreuung zweier mitverklagter Ärzte geboren. Nach einem mehrstündigen Aufenthalt im Kreißsaal, in dem die Kindesmutter und das ungeborene Kind zeitweise durch eine Cardiotocographie (CTG) überwacht wurden, entschlossen sich die Ärzte zu einer Sectio (Kaiserschnitt). Der Kläger wurde mit einer Nabelschnurumschlingung entbunden und zeigte in seiner weiteren Entwicklung die Folgen einer hypoxischen Hirnschädigung. Er leidet heute an einer allgemeinen Entwicklungsstörung, die seinen Intellekt, seine Sprache und seine motorischen Fähigkeiten dauerhaft einschränkt, außerdem an einer Epilepsie. Vertreten durch seine Eltern nahm das Kind das Krankenhaus und die beiden beteiligten Ärzte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld erfolgreich in Anspruch. Das bereits vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von 175.000 Euro hat der sachverständig beratene 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm nun auf 250.000 Euro...
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Haftung der KV Thüringen für Notarzt im Rettungsdienst
6.04.17 - Rechtsanwältin Petra RostDer BGH hat den Streit über die Haftungsverantwortung der Notärzte im Rettungsdiensteinsatz zwischen den Landkreisen und der KV (Kassenärztlichen Vereinigung) Thüringen mit seiner Entscheidung vom 12.01.2017 (Az: III ZR 312/16) nunmehr zu Lasten der KV Thüringen entschieden. Bislang haben diese beiden Rechtsträger die Haftungsverantwortung auf den jeweils anderen abgeschoben, wenn ein Patient durch das ärztliche Handeln eines Notarztes im Rettungsdienst seine berechtigten Ansprüche durchsetzen wollte. Da der Notarzt im Rettungsdienst in Thüringen ein öffentliches Amt ausübt (Thüringer Rettungsdiesnstgesetz vom 16.07.2008), haftet er nicht selbst für begangene Fehler. Es haftet vielmehr die Körperschaft, in deren Dienst der handelnde Amtsträger (Notarzt) steht. Dies ist in Thüringen jedoch nicht der jeweilige Landkreis, sondern die Kassenärztliche Vereinigung, da diese gem. § 7 Abs. 1 ThürRettG die notärztliche Versorgung im bodengebundenen Rettungsdienst sicherstellt.
Medizinische Zwangsbehandlung zukünftig auch ohne freiheitsentziehende Unterbringung
27.02.17 - Rechtsanwältin Petra RostDie Gesetzeslücke bei der medizinischen Zwangsbehandlungen soll geschlossen werden. Die Bundesregierung will eine Regelungslücke im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren für lebenswichtige medizinische Zwangsbehandlungen schließen. Die Lücke war durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.07.2016 (MedR 2017, 122) offenbar geworden. Dabei geht es, um betreute Personen, “die einer ärztlichen Maßnahme mit natürlichem Willen widersprechen, obgleich sie auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können”, die aber “ohne die medizinisch indizierte Behandlung einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden erleiden oder sogar versterben”. Nach geltendem Recht kann der Betreuer eine solche Zwangsbehandlung “nur im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung”, also in einer geschlossenen Anstalt, veranlassen. In den Fällen, in denen der Betreute nicht in der Lage oder willens ist, sich durch Flucht zu entziehen, in denen eine “freiheitsentziehende Unterbringung” daher nicht geboten ist, kann auch die notwendige Behandlung nicht erzwungen werden, wie die Regierung ausführt. Das BVerfG habe nun entschieden, “dass diese Schutzlücke mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist”....
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400.000 EUR Schmerzensgeld
8.02.17 - Rechtsanwältin Petra RostDas OLG Hamm hat mit Urteil vom 11.11.2016 Aktenzeichen: 26 U 111/15 (Quelle: juris Logo) einer einer 57-jährigen Patientin 400.000 Euro Schmerzensgeld wegen Erleidens einer Querschnittslähmung nach einer grob behandlungsfehlerhaften HWS-Operation zugesprochen. Wegen jahrelanger Rückenschmerzen empfahl man der der Klägerin im beklagten Krankenhaus eine operative Behandlung im Bereich der Halswirbelsäule durch die Implantation einer Bandscheibenprothese und die Versteifung (Fusion) mehrerer Wirbel. Unmittelbar nach der im März 2009 durchgeführten Operation litt die Klägerin an einer zunehmenden Schwäche aller vier Extremitäten, die durch eine Revisionsoperation nicht aufgehalten werden konnte und aus der sich eine irreversible Querschnittslähmung unterhalb des 3. Halswirbels entwickelte. Seit der Operation ist die Klägerin auf einen Rollstuhl und auf fremde Hilfe angewiesen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht aufgrund des im Prozess erstatteten medizinischen Sachverständigengutachtens fest, dass im beklagten Krankenhaus unvollständige Befunde erhoben worden sind. Die zur differenzialdiagnostischen Abklärung erforderliche MRT-Untersuchung sei fehlerhaft unterblieben. Auch habe keine absolute Indikation für eine Operation bestanden. Die Möglichkeit einer weiteren konservativen Behandlung der Klägerin habe abgeklärt werden müssen. Darüber hinaus sei eine fehlerhafte Operationsmethode gewählt worden. Eine Fusion in unmittelbarer Nähe der einzubringenden Prothese...
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