
Versicherungsschutz bei Covid-19
13.07.20 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas Landgericht Mannheim (Urteil vom 29. April 2020, 11 O 66/20) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Versicherer einem Hotelier mit angeschlossener Gastronomie Versicherungsschutz aus der Betriebsschließungsversicherung (BSV) gewähren muss, wenn dessen Betrieb aufgrund einer Allgemeinverfügung geschlossen werden muss. Die konkreten Versicherungsbedingungen lauten: „Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;“ Das Gericht entschied, dass die Formulierung in den Versicherungsbedingungen “Krankheiten und Krankheitserreger” auch das Corona-Virus umfasst und eine behördliche Anordnung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes genügt, wobei es sich nicht um einen konkreten Verwaltungsakt im Einzelfall handeln oder die Gefahr in jedem Fall im Betrieb selbst ihren Ursprung haben muss. Es ist daher von guten Erfolgsaussichten für ein Vorgehen gegen die Betriebsschließungsversicherung auszugehen.
Falsche Kundenangaben führen nicht zur Haftung des Versicherungsmaklers
13.03.20 - Rechtsanwältin Stephanie HasHat der Kunde Fragen zu seiner Gesundheit in einem Versicherungsantrag unvollständig oder falsch beantwortet, so haftet der Versicherungsmakler, welcher die Versicherung vermittelt hat, nicht auf Schadensaersatz, wenn das Versicherungsunternehmen vom Vertrag zurücktritt. Das OLG Braunschweig hat in einem Hinweisbeschluss klargestellt, dass der Versicherungsmakler nicht haftet, wenn die unvollständigen Angaben für ihn nicht erkennbar waren und er auf seine Pflicht hingewiesen habe, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Insbesondere ist der Versicherungsmakler nicht verpflichtet gewesen, die vom Kunden zur Weiterleitung an die Versicherung überlassenen Arztbriefe zu überprüfen. Der Kunde habe im Hinblick auf die Gesundheitsfragen zwar angegeben, dass er Rückenbeschwerden habe, jedoch nicht, dass er wegen der Erkrankung auch 13 Wochen arbeitsunfähig war. Dem Kunden steht daher kein Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsmakler zu. OLG Braunschweig (Az.: 11 U 94/18)
Nicht immer Rechtschutz bei Kündigungsschutzklage
30.01.20 - Rechtsanwältin Stephanie HasHat ein Arbeitnehmer vorsätzlich eine Kündigung herbeigeführt, so kann die Rechtschutzversicherung die für die Rechtsverfolgung bereits gezahlten Kosten zurückfordern. Das OLG Dresden musste sich mit Beschluss vom 14.10.2019, Az.: 4 W 818/19 mit einem Fall beschäftigen, in welchem die Rechtschutzversicherung, die bereits gezahlten Kosten, von seinem Versicherungsnehmer zurückfordert. Der Versicherungsnehmer wurde aufgrund mehrerer Droh-Emails gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber von diesem gekündigt. Gegen die Kündigung legte der Versicherungsnehmer Kündigungsschutzklage ein. Die Kosten der Rechtsverfolgung im Verfahren sowie jene für die Widerspruchsverfahren, die der Mann gegen das Integrationsamt aufnahm, wurden zunächst durch die Rechtschutzversicherung übernommen. Die Behörde hatte den Kündigungen jeweils zugestimmt. Sowohl seine Klage als auch seine Widerspruchsverfahren blieben erfolglos. Während der Versicherungsnehmer lediglich angab durch seine E-Mail eine gütliche Einigung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber zu erzielen, sah das OLG Dresden in der Email eine versuchte Erpressung. Darin hatte dieser versucht, sich durch die Drohung von Schadensersatzforderungen eine Abfindung zu sichern und aus dem Unternehmen auszuscheiden. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht hat jedoch deutlich gemacht, dass die Kündigung durch den Versicherungsnehmer provoziert wurde und damit berechtigt war. Da der Rechtsschutzfall somit...
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Arbeitsbereich muss nicht umorganisiert werden
22.02.19 - Rechtsanwalt Alexander HeinzEine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankentagegeldversicherung liegt auch dann vor, wenn der Versicherte bei einer Umorganisation seines Arbeitsbereiches imstande wäre, ganz oder teilweise seiner Arbeit nachzugehen. Dies hat das OLG Dresden in seinem Urteil vom 21.08.2018 (AZ.: 4 U 1573/17) nochmals klargestellt und auf die Entscheidung des BGH vom 09.03.2011 (AZ.: IV ZR 130/10) verwiesen. Denn ein Wechsel der Arbeitssituation wird dem Versicherten im Rahmen einer Krankentagegeldversicherung nicht zugemutet. Diese hat vielmehr den erkennbaren Zweck, einen nur vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft auszugleichen.
Keine Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente ohne ausreichende Begründung
19.02.19 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseWill ein Versicherer seine Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung einstellen, muss er dies nachvollziehbar begründen und auch seine Entscheidungsgrundlagen offenlegen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seinem Urteil vom 06.02.2019 (Az.: 8 U 139/18) entschieden. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Versicherer nach einem Unfall des Versicherten seine Leistungspflicht zunächst uneingeschränkt anerkannt und entsprechende Zahlungen geleistet. Nach den Vertragsbedingungen bestand ein Leistungsanspruch ab einer Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent. Nach knapp einem Jahr teilte der Versicherer jedoch mit, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr vorlägen und stellte die Zahlungen ein. Hiergegen klagte der Versicherungsnehmer und bekam Recht. Zur Begründung führte das OLG Celle aus, dass der Versicherer eine solche Entscheidung nachvollziehbar erklären muss. Der Versicherungsnehmer müsse in der Lage sein, seine Prozessrisiken abzuschätzen, wenn er die Mitteilung der Versicherung nicht akzeptiert. In die Begründung gehört nach dem Urteil auch, dass dem Versicherungsnehmer etwaig eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zur Kenntnis gebracht werden, auf die der Versicherer seine Entscheidung stützt. Darüber hinaus muss der Versicherer eine Vergleichsbetrachtung anstellen, wie sich aus den Attesten ein geringerer Grad...
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Zur Berechnung des Schmerzensgeldes und des Haushaltsführungsschadens
5.11.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornDas Oberlandesgericht Frankfurt am Main berechnet als Schmerzensgeld anhand einer “neuen” Methode und berücksichtigt beim Haushaltsführungsschaden den moderneren Zuschnitt der Haushalte und den gesetzlichen Mindestlohn. Was war passiert? Ein Motorradfahrer kollidierte mit einem PKW-Fahrer. Der Motorradfahrer wurde erheblich verletzt und erlitt einen Speichenbruch, eine HWS-Distorsion, eine Bauchwandprellung und dauerhafte Sensibilitätsstörungen der Hand. Er war über vier Monate krankgeschrieben und in der Haushaltsführung eingeschränkt. Die Haftpflichtversicherung des PKW-Fahrers zahlte dem Motorradfahre auf das Schmerzensgeld lediglich einen Betrag in höhe von 5.000 Euro. Der Motorradfahrer nahm daraufhin den PKW-Fahrer und die Versicherung zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes und Ausgleich des Haushaltsführungsschadens in Anspruch. Das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 11.000 Euro sowie zum Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens von 1.500 Euro. Die Berechnungen seien, so das Oberlandesgericht, anhand neuerer Methoden vorgenommen worden. Es führt aus, dass bei der Bemessung des zu schätzenden Betrages der konkrete Einzelfall im Mittelpunkt stehe. Tabellenmäßig erfasste Schmerzensgeldentscheidungen anderer Gerichte seien dabei weder Maßstab noch Begrenzung. Für angemessener erachtet das Oberlandesgericht eine Methode, die die taggenaue Berechnung unter Berücksichtigung der im Zeitablauf unterschiedlichen Behandlungsarten...
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Behauptete Eigenbrandstiftung muss der Versicherer voll beweisen
27.08.18 - Rechtsanwalt Alexander HeinzDas OLG Jena hat in seinem Urteil vom 01.02.2018 (4 U 567/15) klargestellt, dass das häufig zur Ermittlung einer Brandursache verwendete Eliminationsverfahren lediglich eine methodische Umkehr der Beweisführung darstellt, jedoch für den insofern beweisbelasteten Versicherer keine Erleichterung beinhaltet. Insbesondere genügt es im Allgemeinen nicht, wenn für eine Alternativursache lediglich keine Anhaltspunkte vorliegen. Etwaige Zweifel an einer vorsätzlichen Inbrandsetzung können nicht durch ein mögliches Motiv des Versicherungsnehmers kompensiert werden. Vielmehr ist erst dann auf ein mögliches Motiv des Versicherungsnehmers abzustellen, wenn eine vorsätzliche Inbrandsetzung als solche feststeht. Vorliegend war die Gaststätte des Versicherungsnehmers abgebrannt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Versicherungsnehmer aufgrund des Gutachtens zur Brandursache ein. Gleichwohl zahlte der Versicherer nicht und beruft sich eine Eigenbrandstiftung. Inzwischen ist das Verfahren beim BGH zum Az. IV ZR 55/18 anhängig. Urteil des OLG Jena vom 01.02.2018 zu Az. 4 U 567/15
Wenn ein Kleinkind die Toilette verstopft
1.08.18 - Rechtsanwalt Martin WeißenbornDie Eltern eines dreieinhalbjährigen Kindes begehen gerade keine Aufsichtspflichtverletzung, wenn ihr Kind alleine schlafen gelegt wird, dieses aber unbeobachtet aufsteht und zur Toilette geht, durch eine Menge Klopapier den Abfluss verstopft und dadurch das Badezimmer überschwemmt.So entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 26.04.2018 (Az. I-4 U 15/18). Das Kind benutzte im vorliegenden Fall solche Mengen Toilettenpapier, dass der Abfluss verstopfte. Nach der Benutzung der Toilette durch das Kind lief ununterbrochen Wasser nach. Es verteilte sich über den Boden und tropfte schließlich aus der Decke der darunter liegenden Wohnung. Die Wohngebäudeversicherung zahlte zur Regulierung des Schadens einen Betrag von in etwa 15.000 EUR, den sie zum Teil von der Mutter bzw. von der Haftpflichtversicherung ersetzt verlangte. Nach Ansicht der Versicherung habe die Mutter ihre elterliche Aufsichtsplicht verletzt. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf sieht keine Aufsichtspflichtverletzung bei der Mutter. Das Maß der gebotenen Aufsicht sei hier erfüllt gewesen. In einer geschlossenen Wohnung müsse ein Dreijähriger nicht unter ständiger Beobachtung stehen. Der Gang zur Toilette müsse nicht unmittelbar beaufsichtigt werden. Ausreichend sei es, wenn sich der Aufsichtspflichtige in Hörweite aufhalte. Das...
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Gesellschafter Geschäftsführer aufgepasst, GmbH Satzung prüfen
19.03.18 - Rechtsanwalt Alexander LamczykGeschäftsführer einer GmbH, die zugleich deren Gesellschafter sind, sollten nunmehr unbedingt die vertraglichen Grundlagen auf eine latent bestehende Sozialversicherungspflicht prüfen. Das Bundessozialgericht wiederholte in zwei aktuellen Entscheidungen nochmals klarstellend die geltenden und von ihm aufgestellten Prüfungskriterien. Geschäftsführer einer GmbH gelten nach Auffassung der Kasseler Bundesrichter regelmäßig als Beschäftigte und unterliegen damit der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, ist nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital hält (Mehrheitsgesellschafter). Ist der Geschäftsführer kein Mehrheitsgesellschafter, ist eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht ausnahmsweise auch dann anzunehmen, wenn er exakt 50 % der Anteile hält oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende (“echte”/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, sodass es ihm möglich ist, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Irrelevant seien hingegen die im Außenverhältnis bestehenden Freiheiten bspw. hinsichtlich der Arbeitszeit, da es allein auf die rechtlich durchsetzbaren Einflussnahmemöglichkeiten auf nicht genehme Beschlüsse der...
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BGH zum Kündigungsrecht bei Unfallversicherungen
3.11.17 - Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Katja GieseDas Kündigungsrecht bei der Unfallversicherung beginnt mit der ersten Leistung. Eine Regelung in den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen besagt, dass der Vertrag durch den Versicherer oder den Versicherungsnehmer gekündigt werden kann, wenn der Versicherer eine Leistung erbracht hat. In einem aktuellen Urteil stellt der Bundesgerichtshof klar, dass damit die erste Leistung des Versicherers gemeint ist. Die Kündigungsfrist startet danach nicht bei jeder Leistung neu. In dem zugrunde liegenden Fall nimmt der Kläger die Unfallversicherung auf Leistungen wegen zweier Unfälle seiner mitversicherten und zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau in Anspruch. Nach dem ersten Unfall der Ehefrau im April 2008 leistete die Unfallversicherung. Mehr als einen Monat später kündigte sie sodann den Versicherungsvertrag. Dabei hielt sie sie Kündigungsfrist von einem Monat nach Leistungserbringung nicht ein. Im Oktober 2009 sowie im März 2010 verunfallte die Frau erneut. Der Kläger machte aufgrund dieser Unfälle weitere Leistungen geltend, welche die Versicherung aufgrund ihrer Kündigung jedoch nicht erbringen wollte. Dieser Fall war nun vom BGH zu entscheiden. Dieser hielt die Kündigung für unwirksam, da die Kündigungsfrist von einem Monat nicht gewahrt sei. Das Kündigungsrecht entstehe laut den AUB 2000, wenn...
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