Keine Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente ohne ausreichende Begründung
Will ein Versicherer seine Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung einstellen, muss er dies nachvollziehbar begründen und auch seine Entscheidungsgrundlagen offenlegen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seinem Urteil vom 06.02.2019 (Az.: 8 U 139/18) entschieden.
In dem zu entscheidenden Fall hatte der Versicherer nach einem Unfall des Versicherten seine Leistungspflicht zunächst uneingeschränkt anerkannt und entsprechende Zahlungen geleistet. Nach den Vertragsbedingungen bestand ein Leistungsanspruch ab einer Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent. Nach knapp einem Jahr teilte der Versicherer jedoch mit, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr vorlägen und stellte die Zahlungen ein.
Hiergegen klagte der Versicherungsnehmer und bekam Recht.
Zur Begründung führte das OLG Celle aus, dass der Versicherer eine solche Entscheidung nachvollziehbar erklären muss. Der Versicherungsnehmer müsse in der Lage sein, seine Prozessrisiken abzuschätzen, wenn er die Mitteilung der Versicherung nicht akzeptiert.
In die Begründung gehört nach dem Urteil auch, dass dem Versicherungsnehmer etwaig eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zur Kenntnis gebracht werden, auf die der Versicherer seine Entscheidung stützt. Darüber hinaus muss der Versicherer eine Vergleichsbetrachtung anstellen, wie sich aus den Attesten ein geringerer Grad der Erwerbsminderung ergibt.
Nach den Feststellungen des OLG reicht es nicht aus, wenn der Versicherer einfach den jeweils von ärztlichen Gutachtern veranschlagten Grad der Erwerbsminderung gegenüberstellt. Bei dieser Bewertung hätten nämlich die Ärzte einen erheblichen Beurteilungsspielraum. So könne ein erster Arzt die Erwerbsminderung mit 50 Prozent oder höher veranschlagen, während ein anderer Arzt dieselbe gesundheitliche Beeinträchtigung aber mit weniger als 50 Prozent bewertet.
Da in dem zu entscheidenden Fall die Versicherung anerkannt hatte, dass nach dem Unfall eine Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent bestand, ist sie daran gebunden, betonte das OLG. Eine Einstellung der Leistungen ist nur möglich, wenn die Versicherung nachweisen kann, dass sich der Gesundheitszustand tatsächlich derart verbessert hat, dass keine Minderung von mehr als 50 Prozent gegeben ist.